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Tuesday, April 16, 2013

Eine Reise durch Vietnam

Das stand doch schon lange einmal an. Mindestens 20 Jahre. Mindestens so lange kennen wir Hua, Dr. Hua Ton-That, den vietnamesischen Arzt, der in den 1970er Jahren nach Deutschland kam, zunächst in Paris lebte und dann an Kliniken in Freiburg und Würzburg arbeitete. Seit einigen Jahren organisiert er Reisen von internationalen Ärztegruppen nach Vietnam, die dann dort vietnamesische Kinder mit Missbildungen operieren. Wir, das sind Gabi Weigand und ich, sowie Angelika Blenk, Gabis Schwester und deren Ehemann Eberhard Blenk. Angelika arbeitet bei Caritas und hat Hua vor über 30 Jahren bei der Betreuung vietnamesischer Flüchtlinge – den sog. „Boat-People“ – kennengelernt. Daraus hat sich mittlerweile eine Freundschaft entwickelt. Es stand also seit Jahren an, das Land Huas einmal etwas genauer kennenzulernen.


Seit dem Jahr 2000 arbeite ich am Institut für Mathematik und Informatik an der Universität Würzburg. Einer meiner Kollegen ist der Informatiker Prof. Phuoc Tran-Gia, der ebenfalls aus Vietnam stammt. Seine Erzählungen und die seiner Frau Wally waren für uns ein weiterer Anreiz, dieses Land kennenzulernen.


Unsere Reiseroute: Wir sind am 14. März 2013 in Frankfurt losgeflogen. Nach einer kurzen Zwischenlandung in Saigon haben wir unsere Reise in Hanoi begonnen. Besuch der Halong-Bucht, dann weiter – mit dem Flugzeug – nach Hue (am 19.03.) und Hoi An (22.03.). Von dort nach Saigon (25.03). Kurzer zweitägiger Abstecher nach Kambodscha und Siam Reap und Besichtigung der Tempelanlagen von Angkor Wat (Weltkulturerbe). Dann zurück nach Saigon. 3 Tage Badeurlaub auf Phuo Quoc. Rückflug nach Frankfurt am 04. April 2013.


Unsere Eindrücke: Ja, in der Tat, hier geht es vom Kommunismus zum Konsumismus über. Von DER Partei merkt man im Alltag nichts, außer dass – beim Festnetz – einige Internetseiten gesperrt sind, auch die Main-Post (DIE Zeitung Frankens), das sehe ich als Qualitätsmerkmal. Ansonsten ist es heiß hier, sehr heiß. 30 Grad im Schatten und mehr. In Deutschland soll es kalt sein. Unvorstellbar hier.


Hanoi. Die Gegensätze sind enorm hier in Hanoi.  Neben den unüberschaubaren Geschäften in den Straßen der Altstadt – in denen wir uns schwer tun, etwas zu Essen zu kaufen – gibt es die feinsten Läden: Gucci, Armani, Louis Vuitton (Abb.1, Abb. 2). In den Straßen sind nicht tausende, sondern hunderttausende von Mopeds und Motorrollern (Abb. 3). Jede Straßenüberquerung ist ein Abenteuer, denn halten tut keiner, auch nicht beim Zebrastreifen. Und Ampeln gibt es nur ganz selten. Es ist schön, einmal aus dem Verkehr Hanois herauszukommen. Zwei Tage auf einem Schiff in der Halong Bay sind ein Erlebnis (Abb. 4 u. Abb. 5). Und schließlich haben wir ihn gesehen, den für Mathematiker und Informatiker berühmten Turm von Hanoi (Abb. 6).


Hue (Abb. 7). Hier treffen wir unseren Freund Hua, der gerade wieder mit einer Ärztegruppe in Hue ist und den ganzen Tag über operiert. Er nimmt uns mit zu dem Haus seiner Ahnen. Die Ahnenverehrung spielt eine riesige Rolle in Vietnam. Reiche Familien haben ein eigenes Hausdafür, in denen sich einige Male im Jahr die ganze Familie trifft, um die Vorfahren zu ehren. Unser Freund Hua hat ein ganzes Haus nur für die Ahnen (Abb. 8). Im Innern gibt es nichts außer Altären und Stammbäumen, mit vielen Blumen und Obst … für die Ahnen. Die sollen es ja gut haben. Auch die kleinste Hütte hat einen beleuchteten und geschmückten Altar. Mit Hua waren wir in einem Waisenhaus, ein unvorstellbares Elend, das zu sehen, und es gibt keine Möglichkeiten der Adoption, weil es ja offiziell in diesem Land keine „Probleme“ geben darf. 160 Kinder von 1 Tag bis 18 Jahre. Die Babys liegen wie apathisch nebeneinander in Betten aus Metall, manche direkt auf dem Rost, manche wenigstens auf einer Bastmatte. Dann haben wir die Höhlen des Vietkong aus dem Vietnamkrieg besucht (Abb. 9 u. 91), teilweise bis zu 23 Meter unter der Erde, bloße Gänge und Ausbuchtungen aus Lehm, die Bevölkerung und Soldaten während des Vietnamkriegs als Unterschlupf dienten. Hunderttausende lebten hier jahrelang unter der Erde. Unvorstellbar, wie da jemand psychisch unbeschädigt herauskommen kann, selbst Geburtsstätten gab es in diesen unterirdischen Höhlen.


Hoi An (Abb. 92, 93, 94). Nach Hanoi und Hue sind wir in Hoi An angekommen, einem kleinen Touristenort mit einem langen Sandstrand, Hotel mit Swimmingpool, wie man das eben von Mallorca, Teneriffa oder Kalifornien kennt. Wir sind im Hoi An Beach Resort. Ein herrliches Hotel, ein herrlicher (Touristen-)ort. Welch ein Kontrast zu Hue oder Hanoi. Und tolle Lokale. Es gibt – ist das nun original oder dem europäischen Stil angepasst – sehr gutes vietnamesisches Essen. Und Italiener gibt es natürlich auch.


Wir haben auch zwei Schulen besucht. Den „Green Shoots international Kindergarten“ – www.greenshootseducation.org – einem privat geführten Kindergarten mit sicherlich sehr guter – aber nicht kostenloser – Betreuung. Dann schauen wir – unangemeldet – an einer Grundschule vorbei und werden auch zuvorkommend von der Direktorin empfangen. Eine englisch sprechende Lehrerin führt uns durch das Schulgelände. In einzelnen Klassenzimmern werden wir von den Grundschülern freudig und mit einem englischen Lied empfangen. Schön, dass die Mathematik international ist. Es ist also leicht den Schülerinnen und Schülern einige herausfordernde Aufgaben zu stellen.


Saigon bzw. Ho-Chi-Minh-City (Abb. 95, 96). Welch ein Leben in dieser Stadt. Ho-Chi-Minh-City bzw. Saigon. So irgendetwas um die 10 Millionen Einwohner. Schon an der Namenswahl erkennt man die Einstellung. Nur wenige sagen hier HCMC! Erstaunlicherweise ist die offizielle Flughafen-Abkürzung SGN. Der Verkehr in den Straßen läuft – nach europäischem Verständnis – nach undurchschaubaren Regeln ab. Irgendwie erlebt man hier die Schwarmintelligenz. Die wenigen großen Autos werden von den Tausenden von Motorradfahrern einfach mitgeleitet und der Schwarm reagiert sofort, wenn einzelne – große oder kleine – Fische quer zur Fahrbahn oder gar gegen die Fahrbahn schwimmen. Das geht alles nur, da die Geschwindigkeit des Schwarms so zwischen 10 und 20 km/h liegt. Und es verläuft alles sehr gleichmäßig. Staus gibt es praktisch nicht und Ampeln stören auch nur gelegentlich den gleichförmigen Fluss. Das ist schlichtweg faszinierend. Als Europäer fährt man hier kein Auto. Man sitzt nur im Taxi und wundert sich.


Saigon ist völlig anders als Hanoi (Abb. 992). Der reiche Süden ernährt wohl auch den armen Norden. Doch wenn man hier eine erfolgreiche Firma besucht, etwa die unseres Freundes Khoa, der Brenneranlagen für Industrieanlagen herstellt, dann wundert man sich schon, in welchen Häusern und Hinterhöfen hier organisiert und produziert wird. Klimaanlagen und Internet sind hier natürlich überall. Aber ansonsten ist alles sehr klein und überschaubar. Wie bei diesem Verkehr Kundenbesuche – im weißen Hemd und langer Hose – Mega-Stadt möglich sind, bleibt mir rätselhaft. Aber natürlich gibt es hier auch die Yuppie-Szene, der aufstrebenden jungen Industriellen. Da trifft man sich dann zur Verlobungsfeier im 60. Stock im höchsten Gebäude der Stadt. Das Verhältnis von Gästen und Betreuungspersonal ist bei solchen Events 1:1. Das Buffet bietet neben asiatischer Küche immer auch italienisch und französisch. Bei den Weinen sowieso. Die werden dann mit den sich Verlobenden „ex“ getrunken. Der Abend endet(e) dann für das Verlobungspaar schlafend auf dem Rücksitz des Taxis. Die trinkfesten Gäste – also wir auch – gehen dann um 12 Uhr noch in die Karaoke-Bar. „We are the Champions“.


Siam Reap bzw. Angkor Wat. Angkor Wat, Weltkulturerbe (Abb. 98, 99, 991). Beeindruckend! Aber es ist heiß hier. Sehr heiß. Ein Ausflug zu einem „Floating Village“ ist ernüchternd (Abb. 97). Tausende von Menschen leben hier auf Flößenin Holzhäusern. Jahrelang. Ein Leben lang. Schwer vorstellbar für uns vom reichen Westen.


Phu Quoc. Die vietnamesischen Ferieninsel Phu Quoc ist eine halbe Flugstunde von Saigon entfernt. Palmen, blaues Meer, weiße Strände, aber alles nur im Umkreis von 50 Metern von den Hotels (Abb. 992). Im Schatten dieser Hotels gibt es viele typisch kleine vietnamesische Läden und Lokale. Und viel Schmutz und Unrat. Es bleibt also auch hier interessant. Und es bleibt auch noch viel zu tun. Sicherlich auch für westliche Investoren.


Es war eine lehr- und erfahrungsreiche Reise in ein interessantes Land in einem anderen Kulturkreis. Reiseroute und Zeitplan haben sehr gut gepasst.


Hans-Georg Weigand, April 2013



In Hanoi (Abb. 1)

In Hanoi (Abb. 1)




2 Hans-Georg, Nam, Gabi, Lin, Angelika, Eberhard in Hanoi (Abb. 2)

2 Hans-Georg, Nam, Gabi, Lin, Angelika, Eberhard in Hanoi (Abb. 2)




Verkehr in Hanoi (Abb. 3)

Verkehr in Hanoi (Abb. 3)




4 Ha Long Bay (Abb. 4)

4 Ha Long Bay (Abb. 4)




5 Ha Long Bay (Abb. 5)

5 Ha Long Bay (Abb. 5)




6 Turm von Hanoi (Abb. 6)

6 Turm von Hanoi (Abb. 6)




7 Hue Kaiserpalast (Abb. 7)

7 Hue Kaiserpalast (Abb. 7)




8 Hua Ahnenhaus (Abb. 8)

8 Hua Ahnenhaus (Abb. 8)




Abb. 9

Abb. 9




Abb. 91

Abb. 91




92 Hoi An (Abb. 92)

92 Hoi An (Abb. 92)




93 Markt in Hoi An (Abb. 93)

93 Markt in Hoi An (Abb. 93)




94 Motorrad in Hoi An (Abb. 94)

94 Motorrad in Hoi An (Abb. 94)




95 Saigon bei Nacht (Abb. 95)

95 Saigon bei Nacht (Abb. 95)




96 Saigon Motorradparkplatz (Abb. 96)

96 Saigon Motorradparkplatz (Abb. 96)




97 Siam Reap Floating Village (Abb. 97)

97 Siam Reap Floating Village (Abb. 97)




99 Angkor Wat 2 (Abb. 99)

99 Angkor Wat 2 (Abb. 99)




991 Angkor Wat 3 (Abb. 991)

991 Angkor Wat 3 (Abb. 991)




992 Essen in Saigon (Abb. 992)

992 Essen in Saigon (Abb. 992)




992 Strand von Phu Quoc (Abb. 992)

992 Strand von Phu Quoc (Abb. 992)



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